Unterschiedliche Akteure und Argumente

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So unterschiedlich die bestehenden Sozialticketregelungen sind, so verschieden ist auch die Herkunft seiner BefürworterInnen und VerfechterInnen. Vor allem politisch linke Einzelpersonen und Gruppen setzen sich dafür ein, die Mobilität von Menschen mit geringem Einkommen zu verbessern beziehungsweise zu erhalten. Sie haben das Thema „Sozialticket“ auf die aktuelle politische Agenda gesetzt und initiieren in der Mehrzahl der Fälle seine Umsetzung. 

Es gibt aber auch andere Beispiele: Die Koalition unter der CDU im Stadtstaat Hamburg führte im Jahr 2009 eine Sozialticketregelung ein – nachdem die damals alleinregierende CDU eine bereits bestehende Regelung im Jahr 2003 abgeschafft hatte. Die FDP im saarländischen Landtag kündigte im Mai 2008 eine Anfrage zur landesweiten Einführung des Sozialtickets und einen entsprechenden Antrag im Landtag an. In einem Fall ist bekannt, dass die rechtsextreme NPD die Forderung nach dem Sozialticket übernommen hat. Im sächsischen Landkreis Leipzig hat sich die NPD im April 2009 bei grundsätzlicher Zustimmung dagegen ausgesprochen, dass AsylbewerberInnen das Sozialticket erhalten – diese Regelung ist Bestandteil einer Sozialticketinitiative der LINKEN., SPD und Bündnis 90/Grüne im Landkreis Leipzig. 

 

Umsonstfahrinitiativen

ÖPNV umsonst! In neun Städten wirken Initiativen, die sich nicht nur einen Sozialtarif, sondern einen gänzlich entgeldfreien ÖPNV auf die Fahnen geschrieben haben. Neben einer sozialpolitischen Dimension sehen die AktivistInnen auch eine starke klimapolitische Dimension im Nahverkehr. Angesichts des immensen CO2 Ausstoßes durch den Individualverkehr wird auf eine Stärkung des ÖPNV-Sektors orientiert und eine Umsteuerung bei den Subventionen von Autobau und (Auto-)Verkehrsinfrastruktur gefordert. In Berlin, Bremen, Darmstadt, Düsseldorf, Frankfurt/Main, Freiburg, Greifswald, Hamburg und Tübingen existieren momentan solche Initiativen. Eine Übersicht gibt es hier (Auszug aus: "Sozialticket kommt in Fahrt", Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag, Berlin 2011).

Ende 2010 legte die Tübinger Initiative ZAK eine Bilanz ihrer Aktivitäten vor. Die Broschüre "TueBus Umsonst" findet ihr hier


Ökologische Aspekte

Neben den Akteuren und Akteursgruppen sind auch die Argumente unterschiedlich, mit denen für das Sozialticket gerungen wird. Auf den ersten Blick scheinen vor allem soziale Aspekte für das Sozialticket zu sprechen. Darüber hinaus argumentieren die verschiedenen Akteure in der politischen Diskussion auch

mit ökonomischen und ökologischen Gründen für das Sozialticket. Die ökonomischen Argumente gewinnen dann an Bedeutung, wenn es um die Auswirkung des Sozialtickets auf die jeweiligen Verwaltungshaushalte geht. Der ökologische Aspekt, der sicher in der Zukunft eine größere Rolle spielen wird, kommt vor allem dann zum Tragen, wenn es um den Vorrang des öffentlichen Nahverkehrs gegenüber dem motorisierten individuellen und Schwerlastverkehr geht.

 

Forderung "von unten" 

Unabhängig aller Unterschiede hinsichtlich der Akteure, Akteursgruppen und Argumente für das Sozial- ticket ist klar: Ohne entsprechende kommunal- und regionalpolitische parlamentarische und außerparlamentarische Initiativen kann das Sozialticket nicht durchgesetzt und erhalten werden. Das Sozialticket muss von „unten“ eingefordert werden. Die „Initiative für die Einführung eines Sozialtickets in Dortmund“ formulierte beispielsweise: „Ohne den beharrlichen Druck von außen (...), ohne die ständige Thematisierung der unzureichenden Mobilitätsvoraussetzungen und der seit Hartz-IV rapide gewachsenen Armut in dieser Stadt, hätte es auch dieses 15 €-Ticket nicht gegeben.“